Chiropractor Richard Kahler
Ist eine Hallux valgus Behandlung möglich, Herr Kahler?
Wir treffen heute Richard Kahler, um mehr über seine Behandlungsmethoden, im Besonderen die Behandlung des Hallux valugus zu erfahren. Herr Richard Kahler ist Chiropractor (zu Deutsch: Chiropraktiker) und seit vielen Jahren in Deutschland tätig. Er führt den Titel "Doctor of Chiropractic USA".
Interview mit Richard Kahler in dessen Praxis in Planegg.
Hallo Herr Kahler, bitte erklären Sie uns, was allgemein unter der Chiropractic zu verstehen ist, in Deutschland ist diese Behandlungsmethode weniger bekannt als in Ihrem Heimatland, den USA.
Die Chiropractic leitet sich von dem altgriechischen Wort cheir ‚Hand‘ und praktikós ‚tätig’ ab, und beschreibt die Anwendung der Hände.
Es gibt hierzu bereits Aufzeichnungen aus China um 2000 v. Chr. Es wird erwähnt, dass einzelne Wirbel bestimmte Organe und Muskeln kontrollieren, ähnlich wie bei der Akupunktur. Bereits Hippokrates um 400 v. Chr. war fest davon überzeugt, sich bei den unterschiedlichsten Krankheiten zunächst die Wirbelsäule anzusehen. Die Chiropractic ist kein neues Konzept, eher ist sie uralt.
Im Jahr 1895 behandelte Dr. Daniel David Palmer seinen Hausmeister wegen eines Taubheitsgefühls in seinem Nacken. Der Hausmeister berichtete, dass er vor mehr als 15 Jahren einen schweren Eimer schnell hochgehoben hatte. In diesem Moment hatte er ein krachendes Geräusch in seinem Halsbereich wahrgenommen. Ab diesem Moment war der Hausmeister auf dem rechten Ohr komplett taub. Palmer fragte den Mann darauf nach der vermeintlichen Stelle, erkannte eine Art Verdrehung und renkte den Mann wieder ein. Diese Handlung befreite die Nervenbahn und der Hausmeister konnte von einem Moment auf den nächsten wieder hören. Es ist kein Wunder, es ist einfach neurologisch logisch.
Aufgrund dieses Erlebnisses beschloss Daniel David Palmer auf diesem Gebiet weiter zu forschen und eröffnete 1897 das Palmer College of Chiropractic in Davenport, Iowa. Heute gibt es über 20 verschiedene Chiropractic Universitäten über die ganzen USA verteilt, z.B. in Florida, New York, Kalifornien und Texas. An diesen Fakultäten können die Absolventen Ihren “Doctor of Chiropractic USA” erhalten.
In Deutschland gibt es jedoch keine entsprechende Ausbildung. Städte wie Hamburg und Berlin geben hierzu ihr Bestes und bieten Wochenendkurse, ich selber sehe diese Ausbildung als ‘Okay’ an. Inzwischen gibt es auch eine gute Schule in Barcelona. Wenn Sie aber eine umfangreiche Ausbildung absolvieren wollen, führt kein Weg an einer amerikanischen Chiropractic Universität vorbei.
Warum ist das so? Die Ausbildung ist in vielen Bereichen umfangreicher als jene in einem Medizinstudium. Teilweise sogar ganz erheblich. So hat der/die Chiropractic die doppelte Anzahl an Vorlesungsstunden in den Bereichen Anatomie und Epileptologie, die Hälfte mehr in der Physiologie und sogar das 80-fache in der Orthopädie.
In Zahlen bedeutet das, es gibt ca. 72.000 Chiropractor in den USA, in Deutschland hingegen nur ca. 500. Dies ist unter anderem dem geschuldet, dass von den deutschen Zulassungsbehörden in den Gesundheitsämtern umfangreiche deutsche Sprachkenntnisse gefordert werden.
Mir selbst ging es so, als ich 2003 nach Deutschland kam: Nach Überprüfung meiner Ausbildung sollte ich beweisen, dass mein Deutsch gut genug ist. Als Absolvent eines Germanistikstudiums in Göttingen fiel mir dies jedoch nicht sonderlich schwer. Ich erwähne diesen Vorfall, weil er widerspiegelt, warum es so wenige von uns in Europa gibt - die Sprachbarriere ist einfach zu groß. Einzige Ausnahme ist hier natürlich Großbritannien. Sie sind gut versorgt und haben fünf hervorragende Chiropractic Universitäten.
Erzählen Sie uns mehr von sich, woher kommen Sie und wie sind Sie bei der Chiropractic gelandet?
Ich bin im Bundesstaat New York geboren und aufgewachsen, genau genommen in der Nähe der Stadt Syracuse. Meine Doktorarbeit als Chiropractic habe ich an der Palmer College of Chiropractic West in Cupertino, einem Vorort von San Francisco, geschrieben.
Die Ausbildung hat insgesamt sechs Jahre gedauert, den Abschluss erhielt ich 1984. Inzwischen habe ich knapp 40 Jahre Berufserfahrung und betreibe den Job immer noch mit Leidenschaft. Ich bin kein Typ für einen Burnout!
Zur Chiropractic bin ich gekommen, da meine Frau Probleme mit ihrer Leber hatte. Wir haben damals in der Nähe von Boston gelebt. Sie hatte damals ein Stipendium für eine Universität in Wien gewonnen und wurde dort krank. Ihre Augen wurden gelb und die Leber war stark angeschwollen, es ging ihr sehr schlecht. Die Ärzte in Wien haben Sie untersucht - also klassische Diagnostik - und haben eine Nadel in ihre Leber gestochen. Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass die Leber gesund ist. Warum es aber zu einer Schwellung kam, konnte nicht herausgefunden werden. Stattdessen erhielt sie eine Kortison Behandlung.
Zurück in den USA trafen wir auf einer Party eine Frau, die uns einen Kontakt zu einem Chiropractor in der Nähe von Boston vermittelte. Anfangs habe ich davon überhaupt nichts gehalten - ich dachte, diese Art von Behandlung wäre nur etwas für Bauarbeiter mit Kreuzschmerzen.
Der Arzt hörte sich ihre Geschichte an und kommentierte das Erzählte mit einem einfachen Satz: „Ich kann Dir helfen.”. Klar ging das nicht von heute auf morgen, aber peu à peu machte sich eine Verbesserung bemerkbar. Ihre gelben Augen verschwanden und die Lebensenergie kehrte zurück. Das war für mich der Moment, in dem ich beschloss, diese Ausbildung zu machen. Es war ein Wendepunkt und es war mir egal, wo und wie lange die Ausbildung dauert.
Im Anschluss nach der Ausbildung sind wir in den Norden Montanas gegangen. Dort habe ich meine erste Praxis eröffnet, wir waren fast 20 Jahre dort. Bei einem Wellnessurlaub in Bad Aibling 2001 besuchte meine Frau ein ‘Feng Shui’- Seminar. Ich erzählte den Leuten dort, was ich beruflich mache und wurde sofort gebeten, meine Behandlungspraktiken zu zeigen. Am nächsten Tag kamen bereits andere Patienten.
Zwei Jahre später sind wir dann komplett nach Deutschland gegangen. Zunächst war es für fünf Jahre eine kleine Praxis in Gräfelfing bei München. Im Anschluss habe ich mich vergrößert und hatte zusammen mit fünf weiteren Kolleginnen und Kollegen eine Gemeinschaftspraxis ebenfalls in Gräfelfing. Mit der Zeit wurde es mir aber zu viel. Deswegen beschloss ich 2019 wieder eine Solopraxis im Nachbarort Planegg zu gründen.
Ich mag die Bayern sehr gerne! Klar sind sie am Anfang oft skeptisch, aber wenn man dann die Behandlung, z.B. eines Hallux valgus erklärt und diese dementsprechende Ergebnisse sehen, dann sind sie überzeugt.
Der Hallux valgus oder der schmerzende Ballenzeh ist in Deutschland eine Volkskrankheit. Geschätzt leiden etwa 10 Mio. Deutsche, hauptsächlich Frauen, an dieser Erkrankung. Wie begegnet Ihnen der Hallux valgus in Ihrem Behandlungsalltag?
Ich beginne die Behandlung des Hallux valgus ganzheitlich und prüfe immer alle Gelenke in den Füßen, z.B. das Sprunggelenk und die Ferse.
Es kommt immer auf die Beweglichkeit der Gelenke an, 32 Gelenke, 26 Knochen und 103 Bänder pro Fuß. Wenn ich das Grundgelenk des großen Zehs ertaste und dieses ist geschmeidig und beweglich, dann ist das eher eine Ausnahme. Bereits bei jungen Frauen, oft schon ab Mitte 20, kann man immer eine Anfangsphase des Hallux valgus feststellen.
Oft kommen die Patienten wegen etwas komplett anderem und merken dann im Laufe der Behandlung, dass es ihrem Zeh besser geht. Dann sind sie natürlich total begeistert! Viele Frauen kommen aber ganz speziell wegen der Hallux valgus Behandlung.
Generell gilt: Ein Gelenk, das sich nicht bewegen kann, kann seine eigenen Knorpelzellen nicht ernähren. Die Knorpelzellen sterben allmählich ab und das Gelenk trocknet aus und altert vorzeitig. Damit nimmt auch die Beweglichkeit ab.
Auf meiner Kugelstange sieht man den Zustand eines Gelenkes. Die Stange entspricht den Eiweißsträngen in den Weichteilen, inklusive in den Bändern. Die weißen Kugeln stehen für einen gesunden Zustand, rosa und rot beschreiben eine fortgeschrittene Erkrankung des Gelenks.
Je mehr Vernarbungen bereits vorhanden sind, desto schlechter für das Gelenk. Oft kann sich der Patient nicht mehr an eine Verletzung erinnern, das betroffene Gelenk erinnert sich aber für immer.
Ab Hellrot ist eine Behandlung des betroffenen Gelenks notwendig.
Wie viele Frauen kommen zu einer Hallux valgus Behandlung zu Ihnen?
Das ist eine ganz einfache Rechnung: 20% der Frauen in ihren Zwanzigern, 30% in Ihren Dreißiger und so weiter. Jedoch kann man sagen, dass es ab 60 Jahren nochmal einen riesigen Sprung macht, weil dann um die 90% von dem Thema betroffen sind.
Wie oft sollte man behandelt werden und welche Behandlungen bei einem Hallux valgus sind in der Chiropractic ratsam?
Die Häufigkeit der Behandlungen eines Hallux valgus hängt mit dem Alter des Patienten zusammen. Je jünger, desto weniger, je älter umso mehr.
Man kann sagen: Ab einem Alter von 20 Jahren gilt, in der intensiven Phase zweimal wöchentlich, in der Stabilisierungsphase einmal wöchentlich, in der Zwischenphase alle 2 Wochen und dann gibt es noch eine TÜV Phase da empfehle ich eine Behandlung alle 4 bis 6 Wochen.
Bei der Hallux valgus Behandlung analysiere ich zunächst das Gelenk des großen Zehs. Hier kommt wieder meine Kugelstange ins Spiel: Ist das Gelenk noch im weißen oder bereits im rosa bzw. roten Bereich? Je steifer das Gelenk bereits ist, desto mehr Behandlungen des Hallux valgus sind notwendig.
Meine Behandlung ist eine Kombination Muskelkraft und Hilfsmitteln, beispielsweise mit Einsatz eines ‘Activators’. Der Activator ist ein chiropraktisches Behandlungsgerät, das von Arlan Fuhr entwickelt wurde, sozusagen eine ‘Anti-Arthrose-Pistole’. Bei dieser Chiropractic Technik werden mit Verwendung des sogenannten ‘Activator’ optisch ähnlich einer Pistole, schnelle Stöße mit Federkraft beim Aufsetzen in das Gelenk abgeben. Das Geheimnis der Chiropractic ist Geschwindigkeit - mit Absicht abgegebene Geschwindigkeit!
Des Weiteren nutze ich meine Hände: Während der Patient am Bauch liegt, „reiße“ ich fest am Gelenk. Wenn sich derjenige dann beschwert, dass ich ihr oder ihm nichts brechen soll, meine ich gerne: „Doch, auf jeden Fall!“.
Hier gibt es vieles zu brechen, vor allem die Vernarbungen am Gelenk, die sie Jahre oder Jahrzehnte aufgebaut haben. Vernarbungen unterbrechen die frische Produktion von Knorpelzellen und trocknen das Gelenk aus, es wird steif. Da helfen auch keine Nahrungsergänzungsmittel oder Medikamente: Wenn der Knorpel aufgrund der Vernarbungen kein sogenanntes Knorpelzellenblut mehr pumpen kann, sterben die Zellen im Gelenk nach und nach ab.
Hallufix ist Hersteller von Hallux valgus Schienen und Sandalen. Welchen Nutzen sehen Sie bei Tag- und Nachschienen und welchen bei den Sandalen?
Einen sehr guten Nutzen, weil sie tatsächlich etwas bewirken. Schiene und Sandale behandeln die Patienten während meiner Abwesenheit zwischen den Behandlungen quasi weiter! Es ist super, dass die Schiene beweglich ist. Es ist doch so - je bequemer es für den Betroffenen ist, desto öfter wird er oder sie das Hilfsmittel verwenden.
Bei den Sandalen ist es hilfreich, dass man ihnen eigentlich gar nicht ansieht, dass sie medizinische Schuhe sind. Die Schiene ist eine Gelenkwartung, die dem Patienten dabei hilft seine Selbständigkeit zu behalten. Sie wollen ja auch in Zukunft noch gut beweglich sein und bleiben!
Erst vor ein paar Tagen hat sich eine Patientin die Hallufix Sandalen gekauft und ist mit diesen sehr zufrieden. Schiene und Sandalen können im Sanitätshaus gekauft werden, wobei der Großteil der Schiene von den Krankenkassen übernommen wird, sollte man ein Rezept vorlegen.
Alternativ können alle Artikel auch im Hallufix Onlineshop unter www.hallufix.com bestellt werden.
Wir verteilen auch in unserer Praxis Prospektmaterial und beraten die Patienten zu den Hallufix Produkten, bezüglich der richtigen Anwendung und Anwendungsdauer.
Die Kahler Chiropractic Praxis befindet sich in der Bahnhofstr. 38 in 82152 Planegg.
Buchen Sie Termine unter 089/90 180 126 oder besuchen Sie die Internetseite:
www.kahlerchiropractic.com
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Text / Bilder: Thomas Schreiber
23.02.2023